Dienstag, 11. März 2014

Reiner Selbstschutz ...



Gestatten, Selbst-Schutz, Reiner …

... Reiner Selbst-Schutz ist mein werter Name.

Hatten Sie schon mal das Vergnügen, mit mir in Interaktion zu treten? Ob ich eine E-Mail-Adresse habe und Spams verschicke? - Wie bitte????
Wer ich überhaupt bin? Wo ich wohne?

Und Sie kennen mich gar nicht?
Ich bin sicher, dass Sie mich  u n  t e r b e w u ß t  schon mal getroffen haben, ich an Ihnen mit grell roter Warnweste vorbeigegangen bin, sogar vor Ihnen gestanden habe, in der Warteschlange ... Nein?! An sowas würden Sie sich garantiert erinnern?

Gut ... das ist für mich zwar bedenklich, aber normal. Sicherlich waren Sie gerade sehr beschäftigt und vertieft in Ihre Tätigkeit, wie Telefonate und Simsen über Ihr Smartphon, Beantwortung einer wichtigen Nachricht Ihrer besten Freundin auf Facebook, - ja und wo steckt denn, nur zum Henker, wieder mal meine Brille - Unterschriften leisten, Formulare ausfüllen, unbedingte Besuche bei wichtigen Verwandten, Autofahren, Gespräche mit den Nachbarn, endlich mal wieder Fensterputzen bei Ihrer schon dementen Mutter (die Nachbarn gucken schon ganz komisch), Einkaufen, Kinder oder Enkelkinder betreuen, im Pflege-Heim Ihres Schwiegervaters (Sie haben die komplette Vorsorgevollmacht) vorsprechen, wichtige Listen schreiben und diese abarbeiten (Liste aber zu Hause liegengelassen - Mist!), Ärger über den Stau im Feierabendverkehr im Stadttumult, plötzlicher Gedanke an etwas Verpasstes auf Arbeit, Chaos im Internet, weil jemand Ihr Passwort geknackt hat (Hilfe!), unnützes langes Warten bei einer wichtigen Behörde oder dem Arzt, wichtige Hausarbeit im Frühjahr (alle haben schon die Balkonkästen bepflanzt - nur ich nicht), schnell das Kündigungsschreiben für's Festnetz per Einschreiben auf der Post losschicken, Ihnen wurde dabei kurz schwarz vor den Augen und Sie wären fast dem Hintermann in die Arme geglitten, hatten einfach keine Zeit, sich mal ruhig und gelassen umzusehen. Na, und gerade da bin ich an Ihnen vorbeigegangen und konnte („schnips“) Sie mal kurz rausnehmen…

Zu einem meiner Urahnen mütterlicherseits könnte, entsprechend meiner Ambitionen, S. Freud zählen. Ja, ich weiß, er war schon ein schräger Vogel mit seinen Theorien und Methoden. Aber, über ihn und seine Theorien sprechen die Leute heute noch weltweit.
Der Doppelname stammt von meiner Mutter. Zuerst kam Streit auf, welcher Name denn zur Familie passen könnte. Meine Mutter mit Mädchennamen Selbst hat sich gegen meinen Vater damals durchgesetzt. Sie ist eben so ein Alpha-Tierchen gewesen. So kam es zu dem Doppelnamen. Ich muss irgendwie mit dem "Doppel" leben - ich habe aber, und das möchte ich ausdrücklich betonen, kein Interesse an einem Doppel-Leben ("grins"). Mir würde auch besser "Reiner" mit "ai" gefallen, aber nein, die Eltern hatten das Sagen. So ist alles richtig "rein" und klar abgegrenzt, meinten sie und so ein Name ist etwas Besonderes für immer. So wurde es dann beurkundet.
Ich lebe immer und ständig im abgeschiedenen etwas versteckten Ort Niestssuweb-Retnu, ganz nah an Hypothalamus. Ich bin ein echter Hirni, sagt man mir nach. Dort ist es niemals öde und langweilig. Es ist ein kleiner Ort gleich nebenan bei Ihnen..... ich lebe dort schon ewig, gut ausgebildet, gewappnet auf alles und warte auf meinen Einsatz. Nebenbei sammle ich, wie ein Agent, Informationen bleibe im Hintergrund und warte auf Auslöser meiner aktiven Betätigung.

Manchmal bilde ich mich weiter, erfahre Training oder auch Umprogrammierung. Englisch sprechen kann ich auch oder spanisch. Ich bin ein Allerwelts-Typ, sehr flexibel und angepasst. Es dauert auch eine Weile, bis man mich aus meiner Reserve locken kann. Ich trete in schwierigen Situationen und bei Dauermissständen in Aktion und warte sehnsüchtig, dass ich, ich allein, loslegen darf. Teamwork ist nicht meine Sache - ich bin gern Einzelgänger. In Krisensituationen, die ich managen muss, kann ich auf kompetente Partner nicht verzichten. Es gibt nur die Möglichkeit mit ihnen aufzutreten. Meist werde ich aber ignoriert, bei Seite geschoben und als unwichtig eingestuft. Die Folge ist dann der absolute Ausfall des Klienten mit allen möglichen kunterbunten Symptomen, und zum Schluss ist er nicht mehr er selbst. Das schafft mich dann ganz schön und ich habe lange Zeit damit zu tun, um ihn wieder auf die Beine zu bekommen.
Nebenberuflich betreibe ich eine Firma, die Abwehrmechanismen anbietet. Hat sich einfach so nebenbei ergeben. Leider ist der Vertrieb sehr schleppend und unregelmäßig. Dabei sind meine Forderungen eigentlich moderat, nachvollziehbar, werden durchaus unterstützt und gestützt. Wie jeder Kleinunternehmer habe ich zwar Anspruch auf Erholung und Urlaub, kann aber nur wenig davon in Anspruch nehmen. Meine ständige Rufbereitschaft ist nämlich das A und O meiner Firmenphilosophie. Die Dienstleistungsbranche ist zwar im Aufwind, aber es kostet auch Nerven dort zu arbeiten und gut mitzuhalten.
Mein Klientel ist, wenn ich zum Einsatz komme, sehr unterschiedlich. Meist handelt es sich für mich um Routineaktionen.
Die echten Notfälle stehen plötzlich recht kopflos vor der Tür und komplett neben sich selbst.

Routinearbeit ist für mich so was wie: Heißer Ofen - Klient verbrennt sich die Finger. Dann ist es meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass Klient nicht mehr an heißen Ofen greift. Dieses Klientel ist auch noch sehr lernfähig und vom Leben unverbraucht – eben ein echter Neuling.
So etwas passiert älteren Klienten dann nicht mehr, so einfache Dinge. Da muss ich dann echte Kopf-Arbeit leisten (Suchen nach Ursachen, Aufräumen in der Vergangenheit), Argumente und Abwehrmechanismen bereithalten und anbieten, in der Hoffnung, dass meine Hilfe auch angenommen wird. Die
meisten Fälle sind sozusagen Wiederholungsfälle, so oder so ähnlich schon mal durchlebt und als solche wiedererkannt. Wie ich das erkenne? Na ich schicke unverkennbare Signale in Richtung des Klienten. Der meint dann meistens, ihm ginge es nicht gut, ihm sind die Knie weich geworden. Manche berichteten auch davon, dass sie völlig neben sich selbst gestanden haben und voll Sorge auf sich selbst geblickt haben. Andere wiederum reden von einem sogenannten “Bauchgefühl“, das sie erschleicht in Situationen mit massivem seelischem Stör-Potential. Wieder Andere berichten über überdimensionale Zunahme von unerklärlichen Fehlern in normalen Lebenssituationen oder kurzzeitige Ver(W)irrungen. Die Palette der Symptome ist riesig. Meist muss ich dann zur Ruhe mahnen, sich alles erst mal setzen lassen, Erkenntnisse reifen lassen, Handlungen erwägen und dann erst Zukunfts-Pläne schmieden. Es ist immer eine schwere und langwierige Arbeit. Ist nicht so alles zu klären von jetzt auf nachher.
Sie können sich jetzt vorstellen, wer ich bin? Hört sich gut an! Also, wir sehen uns sicherlich irgendwann demnächst, muss ja nicht gleich das perfekte Burnout sein … Mein Name ist Reiner Selbst-Schutz …  
           
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Montag, 11. November 2013

Nie mehr langweilige Schnürsenkel!

... mit dieser Maxime zog ich heute mit meinem Drahtesel Richtung Innenstadt von Erfurt. Alle auf dem Weg liegende Baustellen nerven seit Wochen. Wer will schon in der Baugrube landen oder den Fußgängern die Hacken abfahren. Außerdem möchte ich meinem Fahrrad, besser den Rädern desselben, keinen Schaden zufügen. So ein platter Reifen schwört sofort wieder andere Probleme herauf. Also, Vorsicht! Das Gelände neben den Baustellen ist unwegsam, eng und mit unerwartet vielen spitzen Steinen gespickt. Großzügiges Umradeln ist notwendig, kostet natürlich auch ordentlich Umfahrungszeit ... Das Wetter war eher bescheiden, grau in grau, regnerisch, leicht windig. Also kein Grund laut loszujubeln. Aber ich hatte ja ein Ziel: Schnürsenkel für meine schon etwas älteren rehbraunen flachen Winter-Treter aus Rauhleder. Ich möchte sie noch nicht ausrangieren, sie sind super bequem und warm, eine neue Einlegesohle liegt auch schon bereit, haben den Used-Look, der derzeit in der Modewelt angesagt ist. Nur die Schnürsenkel sind einfach schrecklich. Die Originale sind längst in den ewigen Jagdgründen verschwunden und triste schwarze einfallslose Schuhbändel verunstalten seit dem letzten Winter meine heißgeliebten Galoschen.
Also Fahrrad anschließen, Mini-Rucksack auf den Rücken, Brille in die Jackentasche und los. Der erste Anlauf ließ Hoffnung aufkommen. Ein quirlig bunter Laden mit tausendfachem Schnickschnack, den eigentlich keiner wirklich braucht. Und ... es gab bunte Bändel in quietschigem Couleur - einfarbig oder regenbogenfarben. Nach kurzem Überlegen - nein, doch nicht die richtigen! Passt irgendwie nicht zu mir. Das tue ich meinen Schuhen und mir nicht an. Fahrrad vom Schloss erlösen, Mini-Rucksack vorn in den Fahrrad-Korb und zur nächsten Einkaufsmöglichkeit schieben. Wieder ein schöner quietschbunter mit tausend Ideen geschmückter Verkaufsraum, nur keine Schnürsenkel ... Wie das eben so ist, machte ich mich auf die Suche nach anderen "wichtigen" Sachen. Mir kam die Idee, daß ja schmales farbiges Geschenkband auch meinen Ansprüchen gerecht werden könnte, also, zwei Rollen rot/gold und braun/ kariert mit Silber in den Einkaufskorb gelegt. Der Rundgang bescherte mir noch einen tollen Aufkleber für meinen Lap-Top, Popkorn für die Mikrowelle, Tee mit Kokosnuss-Aroma (eine Probe wert!) und alles zu moderaten Preisen, versteht sich. An der Kasse kurz vor dem Bezahlen fiel mein Blick noch auf Stöpsel für Waschbecken, natürlich mit bunten Bilden oben drauf. Nein, das war dann doch zu viel des Guten! Nur schnell raus hier! Alle Dinge und mich auf's Fahrrad - in Radeln-Wieder-Erlaubt-Zone der Innenstadt. Leider blieb mein Blick nun doch noch an einem interessanten Shop hängen. Alles runter vom Bike, anschließen - nein hier nicht - Schild mit Verbot für Fahrrad abstellen, kurzer Blick nach links - ein Bauzaun - ja, dort ist es gut. Eigentlich wollte ich dort schon neulich mal reinschauen, hatte aber zu viel Gepäck dabei - heute sieht es etwas besser aus, nicht ganz so viel Klimbim dabei ... Zielgerichtet stürme ich in Richtung Deko-Bänder, finde auch gleich das Richtige. Schnell noch eine Häkelnadel schnappen. Verflixt, wo steht hier denn bloß der Preis? Ah, Kategorie A-Z. Und wo ist die Liste? Ich entdecke sie links oberhalb des Regals fast zwei Kopfhöhen über mir, fast zu klein gedruckt, gerade noch ohne Sehhilfe lesbar, bin mit dem Preis einverstanden. Deko-Band - Meterware - abmessen lassen und alles bezahlen. Wieder auf's Rad, vorher alles richtig draufpacken und ab geht's nach Hause - endlich die neue Kreation ausprobieren ...

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